Gottesdienst
am 15. Oktober
2017 in Michelfeld und Neunkirchen
Predigttext
Jakobus
5,13-16
Predigt
Predigttext: Jakobus
5,13-16:
13.
Leidet jemand unter
euch, der bete;
ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen.
14.
Ist jemand unter
euch krank,
der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde,
dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl
in dem Namen des Herrn.
15.
Und das Gebet des Glaubens
wird dem Kranken helfen,
und der Herr wird ihn aufrichten;
und wenn er Sünden getan hat,
wird ihm vergeben werden.
16.
Bekennt also
einander eure Sünden
und betet füreinander, dass ihr gesund werdet.
Des Gerechten Gebet vermag viel,
wenn es ernstlich ist.
Liebe
Konfirmandinnen und Konfirmanden,
liebe Gemeinde!
„Im
Glück nicht jubeln, im Leid nicht klagen,
das Unvermeidliche mit Würde tragen.“ –
So
sagt es der Volksmund.
Und
oft ist diese angeblich fromme Weisheit
auch von Menschen zu hören,
die meinen, andere damit zu trösten.
„Nimm
es nicht so schwer!“,
heißt es dann, „Bleib' stark!“
„Nicht
jubeln, nicht klagen,
das Unvermeidliche mit Würde tragen“... –
Ich
sehe ein versteinertes Gesicht, eine Maske,
die keine Regung erahnen lässt.
„Bloß
nichts anmerken lassen..., nur ruhig...,
alles im grünen Bereich...“.
Alles
Leben ist aus diesem Gesicht gewichen.
Zusammengebissene
Zähne..., nur nicht weinen...,
keine Enttäuschung und keinen Schmerz zeigen,
und schon gar nicht ihn anderen mitteilen!
Wer
nicht klagt, wer sich nicht mitteilt,
der ist gespalten: hier sind die Gefühle,
dort die Haltung, die ich nach außen einnehme.
Wer
nicht klagt, wer sich nicht mitteilt,
der ist isoliert – getrennt von sich selbst
und allen anderen:
einsam, und ohne Beziehung,
leidenschaftslos und „cool“.
„Cool
sein“ ist „in“…
eine solche Haltung passt in unsere Zeit!
Für
Männer galt sie seit eh und je:
Indianer kennen keinen Schmerz!
Aber
auch sonst ist es unfein, Gefühle zu zeigen;
auf
die Frage „Wie geht es dir?“
eine ehrliche Antwort zu geben.
Und
auch in der Kirche, auch im Gottesdienst,
da kennen wir nur den lieben und guten Gott:
dass auch Elend und Leid
zu Gottes Schöpfung dazugehören –
das ist uns fremd.
Dabei
hätten wir lernen können: von der Bibel,
von Hiob, oder von den Psalmen.
So
aber haben wir uns mit falscher Frömmigkeit
eine Volksweisheit zu Herzen genommen:
„...das
Unvermeidliche mit Würde tragen!“ –
Es
gibt nichts, was schlimmer wäre!
Unser
Predigttext setzt ein Gegengewicht:
„Leidet
jemand unter euch, der bete;
ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen“,
so
schreibt Jakobus vor langer Zeit. –
Was
hier empfohlen wird,
ist etwas anderes als das, was wir gewohnt sind.
„Ist
jemand guten Mutes, der singe!“ –
„Wes
das Herz voll ist, des geht der Mund über!“
So
soll es sein!
Wenn
ich mich freue, wenn ich glücklich bin,
wenn ich hoffe –
dann soll alle Welt es mitbekommen.
Ich
müsste singen und jubeln.
Ich
will es die Menschen wissen lassen,
dass es mir gut geht.
„Und
leidet jemand unter euch, der bete“ –
der weine, der schreie und rufe sein Leid in die Welt.
Die
anderen sollen Anteil nehmen an mir;
sie sollen teilhaben an dem Unglück,
das mich betroffen hat.
Ich
will mein Leid teilen,
und nicht allein gelassen werden damit.
Als
praktisches Beispiel nennt Jakobus
den Fall der Krankheit:
„Ist
jemand unter euch krank,
der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde,
dass sie über ihn beten und ihn salben mit Öl
in dem Namen des Herrn.“ –
Wie
anders geht es bei uns zu:
Wer
krank ist, kommt ins Krankenhaus –
was natürlich auch seinen Sinn hat –
und liegt so manche Stunde alleine im Bett,
weil natürlich das Krankenhauspersonal
sich nicht um jeden ganz intensiv kümmern kann. –
Abseits
von medizinischen Notwendigkeiten
weist Jakobus einen ebenso wichtigen Weg auf:
den
Kranken bzw. die Kranke nicht allein zu lassen.
Die
Ältesten der Gemeinde –
das sind Menschen wie du und ich,
(also nicht nur die Pfarrerinnen und Pfarrer) – kommen dazu,
und gemeinsam klagen sie das Leid des Erkrankten zu Gott.
Sie
bitten und rufen, und vertrauen sich ihm an.
Und
die Salbung mit Öl hat den Sinn
eines alten Hausmittels,
aber sie will auch körperlich deutlich machen:
„Du
bist nicht allein! Wir sind da!“
„Leidet
jemand unter euch, der bete;
ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen“ – !
Entscheidend
ist, dass wir gerade nicht
„Das Unvermeidliche mit Würde tragen.“ –
Entscheidend
ist, dass wir im Glück jubeln
und im Leid klagen,
dass wir uns aussprechen und mitteilen,
und so der tödlichen Einsamkeit entgehen.
Denn
der Glaube setzt alles auf eine Karte!
„Psalmen
singen“ meint mehr
als ein Liedchen trällern,
und
„Beten“ ist mehr als Leid aussprechen. –
In
beidem ist Gott mein Gesprächspartner.
Gott
ist es, dem ich traue.
Auf
ihn verlasse ich mich,
denn er lässt mich nicht hängen!
An
ihm halte ich mich fest.
Auch
davon schreibt Jakobus:
Die
Ältesten salben den Kranken mit Öl
im Namen des Herrn;
Gott
richtet den Kranken auf
und vergibt ihm alle seine Schuld.
Ich
setze alles auf eine Karte: ich vertraue Gott.
Denn Gott sind Passionen nicht fremd.
Er
wurde Mensch - gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben.
Und
Gott hört, was wir rufen:
„Herr,
lass diesen Kelch an mir vorüber gehen!“
Beten
und Glauben
schließt Weinen und Schreien mit ein.
Alles
setze ich auf seine Karte:
„Nicht
mein Wille, Herr,
sondern dein Wille geschehe!“
„Im
Glück nicht jubeln, im Leid nicht klagen,
das Unvermeidliche mit Würde tragen.“ –
Diese
Volksweisheit ist falsch
und ganz und gar nicht fromm! –
Im
Glück jubeln und im Leid klagen –
das ist es, wozu mein Glaube mir hilft.
Und
ich bin froh über jeden Menschen,
der mir beisteht und mir hilft,
mich meinem Gott zuzuwenden. AMEN
Ja, liebe
Gemeinde und liebe Konfis, das wünsche ich uns allen:
dass wir uns in Freud und Leid Gott zuwenden können!
Er wird uns erhören und unsere Freude sein!