1.
KORINTHER 2,1-10: (GNB)
1.
Brüder
und Schwestern, als ich zu euch kam und euch Gottes verborgenen Plan zur Rettung
der Menschen verkündete, habe ich euch doch nicht mit tiefsinniger Weisheit
und geschliffener Redekunst zu beeindrucken versucht.
2.
Ich
hatte mir vorgenommen, unter euch nichts anderes zu kennen als Jesus
Christus, und zwar Jesus Christus, den Gekreuzigten.
3.
Als schwacher
Mensch trat ich vor euch und zitterte innerlich vor Angst.
4.
Mein
Wort und meine Botschaft wirkten nicht durch Tiefsinn und Überredungskunst,
sondern weil Gottes Geist sich darin mächtig erwies.
5.
Euer
Glaube sollte sich nicht auf Menschenweisheit gründen, sondern
auf die Kraft Gottes.
6.
Auch
wir verkünden tiefsinnige Weisheit - für alle, die dafür reif sind. Aber
das ist nicht die Weisheit dieser Welt und auch nicht die ihrer Machthaber,
die zum Untergang bestimmt sind.
7.
Vielmehr
verkünden wir Gottes geheimnisvolle Weisheit, die bis jetzt verborgen
war. Schon bevor Gott die Welt erschuf, hatte er den Plan gefasst, uns
an seiner Herrlichkeit Anteil zu geben.
8.
Aber
keiner von den Machthabern dieser Welt konnte Gottes weisheitsvollen
Plan durchschauen. Sonst hätten sie den Herrn, der die Herrlichkeit Gottes
teilt, nicht ans Kreuz* gebracht.
9.
Es
heißt ja in den Heiligen Schriften: »Was kein Auge jemals gesehen und kein Ohr
gehört hat, worauf kein Mensch jemals gekommen ist, das hält Gott bereit für
die, die ihn lieben.«
10. Uns hat Gott dieses Geheimnis enthüllt
durch seinen Geist, den er uns gegeben hat. Denn der Geist erforscht alles, auch die geheimsten Absichten
Gottes.
Liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde,
es ist anzunehmen, dass Paulus, bevor er
in Ephesus diesen Brief „An die Korinther“ geschrieben hat, eineinhalb Jahre
lang in Korinth war und dass er dort auch so lange fleißig gepredigt hat. Paulus
sagt bescheiden: „ich habe euch nicht mit tiefsinniger Weisheit und
geschliffener Redekunst zu beeindrucken versucht.“
Er wollte verhindern, dass das Evangelium
von Jesus Christus, das er predigte, mit den Lehren der großen Philosophen
verglichen würde. Bei diesen Philosophen geht ja alles vom Menschen aus. Und
Paulus will vom Handeln Gottes sprechen: Die Erschaffung der Welt und
des Menschen ist Gottes erster Weg zu uns allen. Paulus hat den Auftrag
erhalten, Gott auf dem neuen Wege zu dienen. Den hat Gott in Israel begonnen
- und in Person und Wirken Jesu fortgesetzt.
Der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs und der Vater von Jesus Christus ist ein-
und derselbe. Paulus spricht vom Messias Gottes (= der von Gott zum König
Gesalbte; lateinisch: Christus), der – andererseits – vor den Toren Jerusalems
gekreuzigt worden ist.
Liebe Gemeinde, so hat Gottes Sohn leiden
müssen unter den Menschen. Und: –
muss nicht Gott auch heute noch unter uns leiden? – Der Apostel Paulus war ja
ein Jude, und der auferstandene Jesus Christus hatte ihn zu seinem Apostel unter
den Heiden gemacht. Er musste das Wort vom Kreuz sagen. Gott hatte seinen
Messias also den Christus gesandt, aber die Menschen hatten ihn als Retter der
Menschheit nicht angenommen. Man hatte ihn zum Tode am Kreuz verurteilt, und
wir müssen uns vorstellen, wie furchtbar das war. Es war nicht nur so
furchtbar, wie es heute ist, wenn ein Mensch unter großen Schmerzen sterben
muss. Fragen Sie einen Menschen, der die Hand eines unter Schmerzen Sterbenden
bis zu dessen Tode gehalten hat. Vielleicht haben Sie auch selbst so etwas
einmal miterlebt. Das Sterben des Messias und Christus Gottes auf dem Hügel
Golgatha vor den Toren Jerusalems war aber viel schlimmer. Die ihn dazu verurteilt
hatten, brachten zum Ausdruck: „Du bist nicht mehr wert, in der Welt zu leben!“
Das wird dem Gott aller Menschen gesagt, der in Jesus Christus Mensch geworden
ist. Gott ins Angesicht!
Aber Gott schreitet nicht gegen die Menschen
ein. Gott vernichtet die Menschen nicht, die sich so gegen ihn stellen. Im Gegenteil:
Gott wendet das Böse zum Guten. Er macht daraus sein eigenes Werk zur Rettung
des Menschen. Am Tag als ich an der Predigt gearbeitet hatte, lautete die
Losung: „Ich will euch erlösen, dass ihr ein Segen sein sollt.“[1];
Gott sagt nicht „ja“ zu dem Schrecklichen,
das mit Jesus Christus auf Golgatha geschehen ist. Aber Gott rettet die Menschen,
die so böse und brutal sein können, damit wir ein Segen werden, und lernen, den
Willen Gottes zu tun…
„Lasst uns aber Gutes tun und nicht müde
werden; denn zu seiner Zeit werden wir auch ernten, wenn wir nicht nachlassen.“[2]
Wie schafft es Gott, dass wir so werden,
so menschlich, wie er es haben will, dass es gut für uns ist? An zwei Darstellungen
christlicher Künstler wollen wir es uns deutlich machen, wie das geschieht,
nämlich
1. am Isenheimer Altar.
Vielleicht haben Sie das Kunstwerk in Colmar im Oberelsass schon einmal betrachten
können, oder Sie haben es irgendwo als Reproduktion schon gesehen.
Johannes der Täufer zeigt auf den Gekreuzigten, als wolle er sagen: „Seht dort
das Opferlamm Gottes, das die Schuld der ganzen Welt wegnimmt.“[3],
wie es im Johannesevangelium zu lesen ist. In seiner linken Hand hat der Täufer
eine aufgeschlagene Bibel, und wir dürfen annehmen, dass Matthias Grünewald
damit an das Lied vom leidenden Gottesknecht in Jesaja erinnern will: „In
Wahrheit aber hat er die Krankheiten auf sich genommen, die für uns bestimmt
waren, und die Schmerzen erlitten, die wir verdient hatten. Doch wegen unserer
Schuld wurde er gequält und wegen unseres Ungehorsams geschlagen. Die Strafe
für unsere Schuld traf ihn, und wir sind gerettet.“[4].
Der Isenheimer Altar von Matthias Grünewald zeigt uns in Bildern das
Wort Gottes vom Kreuz Jesu Christi.
Paulus erinnert daran: „Die
Botschaft, dass für alle Menschen am Kreuz die Rettung vollbracht ist, muss denen,
die verlorengehen, als barer Unsinn erscheinen. Wir aber, die gerettet werden,
erfahren darin Gottes Kraft.“[5]
So steht es ein paar Verse vor unserem heutigen Predigttext.
Es ist wichtig für uns,
die wir diese Worte hören, dass wir Gott zutrauen, er kann und will das Gute für uns. - Wir sollen für Gott nicht verloren
gehen!
2. Die zweite Darstellung
auf dem Bild eines Künstlers stammt von Lucas Cranach (dem Älteren)
und ist im Original in der Stadtkirche zu Wittenberg zu sehen. Sie zeigt
Martin Luther auf der Kanzel. Die linke Hand des Reformators liegt auf der
Bibel, und die rechte Hand zeigt auf den gekreuzigten Christus. Für die Reformation
der Kirche war es wichtig, dass die Menschen wieder die Predigt vom Kreuz Jesu
Christi hörten.
Und wir heute können auf diese
Predigt genausowenig verzichten! Wenn wir das Wort vom Kreuz nicht überhören,
sondern uns mehr darum bemühen, dann lebt unser Glaube. Wenn wir die Predigt
des Evangeliums dagegen nur sehr selten hören, zum Beispiel einmal im Jahr am
Karfreitag, an Weihnachten, oder bei einer Taufe, einer Konfirmation, dann
verkümmert der Glaube.
Es ist wichtig für uns
heute zu merken: „Ich bin gemeint! Für mich
ist Christus gestorben.“ Es wäre eine ganz falsche Bescheidenheit, wenn
jemand denken würde: „Ich bin unwichtig.“ Oder es wäre eine große Überheblichkeit
zu sagen: „Wäre für mich nicht nötig gewesen“. Wir können aber das gute
Bekenntnis aus vielen Passionsliedern lernen, zum Beispiel von Christian
Fürchtegott Gellert: „Herr, stärke mich, dein Leiden zu bedenken, mich in das
Meer der Liebe zu versenken, die dich bewog, von aller Schuld des Bösen uns zu
erlösen.“[6].
Darum feiern wir manchmal das heilige Abendmahl, und darum wird es uns bei der
Austeilung noch zugesprochen: „Christi Leib, für dich gegeben“, „Christi Blut,
für dich vergossen!“.
Die Feinde Gottes
wollten Christus für immer beseitigen. Sie haben aber nicht gemerkt, dass das
Sterben Christi - Gottes Rettung für alle Menschen ist! Darum wird
uns von Christus zugesprochen, „...Ich bin bei euch, alle Tag, bis an der Welt
Ende.“ – Und dieser eine Herr ist Wirklichkeit. Der Evangelist Johannes sagt
von ihm: „Gott sandte den Sohn nicht in die Welt, um die Menschen zu
verurteilen, sondern um sie zu retten...“[7].
Vielleicht denken wir
einmal nach, ob wir Menschen nennen können, aus unserem Lebenskreis, die von
Christus gelernt haben - auch wenn wir nicht geraden einen kennen, der in
seiner Nachfolge gestorben wäre -. Von einem haben wir auf jeden Fall schon gehört
und gelesen: Dietrich Bonhoeffer, ein Mann der Bekennenden Kirche und
theologischer Lehrer. Seine Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft sind weltbekannt.
In einem Gedicht mit der Überschrift „Christen und Heiden“ heißt es:
Menschen gehen zu Gott in ihrer
Not,
flehen um Hilfe, bitten um Glück und Brot,
um Errettung aus Krankheit, Schuld und Tod.
So tun sie alle, alle, Christen und Heiden.
Menschen gehen zu Gott in Seiner
Not,
finden ihn arm, geschmäht, ohne Obdach und Brot,
sehn ihn verschlungen von Sünde, Schwachheit und Tod.
Christen stehen bei Gott in Seinen Leiden.
Gott geht zu allen Menschen in ihrer
Not,
sättigt den Leib und die Seele mit Seinem Brot,
stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod,
und vergibt ihnen beiden.
Pfr. i.R. Gerhard Bergius,
Michelfeld-Gnadental