Predigt
zu den Gottesdiensten
am Sonntag Invocavit 18.02.2018
in Kreuzäcker und in Erlach
(Schriftlesung: Matthäus 4,1-11)
Predigttext: 2. Korinther
6,1-10 (Lutherbibel
rev. 1984):
1.
Als
Mitarbeiter aber ermahnen wir euch, dass ihr die Gnade Gottes nicht vergeblich
empfangt.
2.
Denn
er spricht (Jesaja 49,8): »Ich habe dich zur Zeit der Gnade erhört und habe dir
am Tage des Heils geholfen.« Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt
ist der Tag des Heils!
3.
Und
wir geben in nichts irgendeinen Anstoß, damit unser Amt nicht verlästert werde;
4.
sondern
in allem erweisen wir uns als Diener Gottes: - in großer Geduld, in Trübsalen,
in Nöten, in Ängsten,
5.
in
Schlägen, in Gefängnissen, in Verfolgungen, in Mühen, im Wachen, im Fasten,
6.
in
Lauterkeit, in Erkenntnis, in Langmut, in Freundlichkeit, im Heiligen Geist, in
ungefärbter Liebe,
7.
in
dem Wort der Wahrheit, in der Kraft Gottes, mit den Waffen der Gerechtigkeit zur
Rechten und zur Linken,
8.
in
Ehre und Schande; in bösen Gerüchten und guten Gerüchten, als Verführer und
doch wahrhaftig;
9.
als
die Unbekannten und doch bekannt; als die Sterbenden, und siehe, wir leben; als
die Gezüchtigten und doch nicht getötet;
10.
als
die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich
machen; als die nichts haben und doch alles haben.
***
Wenn wir so wären, liebe KonfirmandINNen, liebe Gemeinde,
wie es Paulus hier beschrieben hat, ... ja wenn! Aber so sind wir nicht! - Sondern:
·
In
Trübsalen verlieren wir die Geduld.
·
In
Nöten verzweifeln wir fast.
·
In
Ängsten wissen wir nicht mehr aus noch ein.
·
Wenn
wir geschlagen werden, schlagen wir zurück.
·
Wenn
wir unschuldig ins Gefängnis müssten, würden wir alles Vertrauen verlieren.
·
Werden
wir verfolgt, dann versuchen wir zu entkommen.
·
Wenn
wir uns abmühen, dann stöhnen wir kräftig, dass es jeder hört.
·
Und
wenn wir fasten, dann sollen es die Leute in unserer Umgebung schließlich auch
wissen! -
Ist es nicht so? Oder
machen wir nicht, wenn schon, ein Drama daraus, dass die Mitmenschen staunen:
·
„Die
ist aber ergeben in ihr Schicksal!“ –
·
„Wie
trägt der doch sein Leid - ohne zu Murren!“ – Und:
·
„wie
fröhlich sind die, obwohl sie zurzeit fasten!“
Ich will das Fasten, - Ergebenheit
in's Schicksaal und - Leidensbereitschaft - nicht abwerten.
Aber mir kommt es bei den
Menschen unserer Tage oft so vor, als gälte das Glück, die Freude, die schöne
Zeit, die Gesundheit und das gute Auskommen als das Normale, so wie es die Werbung
uns vorgaukelt!
·
Die
Krankheit etwa ist eine Abweichung von der Norm (und wird bei manchen Krankheiten
gerne verheimlicht).
·
Wer
Unglück erfährt, der ist ein Pechvogel.
·
Wer
zeitlebens arm war, auf den wird herabgeschaut mit dem unausgesprochenen Verdacht:
„Selber schuld“.
·
Wer
oft die Trauer und das Leid kennen lernen musste, der hat nichts vom Leben gehabt,
wie die Leute dann vielleicht am seinem Grab sagen würden.
Noch schlimmer ist, Gott auf
den Plan zu rufen, wo Menschen eigentlich wenig oder gar nichts mehr mit Gott
anfangen können – aber hier muss er herhalten.
Denn so wird dann gesprochen
und gemutmaßt:
·
Ein
kranker Mensch ist wohl auch ein von Gott verlassener Mensch!
·
Einer
der arm ist, hat halt nicht so zahlreich Geschenke aus Gottes Hand erhalten wie
andere.
·
Und
Pech haben – das wird immer wieder noch als Strafe von Gott angesehen!
·
Reichtum
– ein Segen Gottes - ?? wie es die schweizerische reformierte Theologie - als Ursprung
des Kapitalismus - nahe legt?
·
Und
das Leiden, die Trauer, die Behinderung gar... „von oben her könnte das doch
wohl nicht kommen!“ – so manchmal unser Verdacht. In einer rechten Beziehung zu
Gott hätten diese dunklen Dinge, diese schweren Lasten und trüben Gedanken doch
wohl keinen Platz!?! Und wenn: dann doch wohl nur im Gebet, in der flehentlichen
Bitte, einen doch davon zu befreien!!
Schauen wir auf Paulus. –
Wir wissen, er war lebenslang
geschlagen mit Krankheit, mit Betrübnis, mit Schmerzen und Verfolgung. Also
müssten wir sagen: Er kann kein gesegneter Mensch gewesen sein! Und glücklich
schon gar nicht! Nein, bei diesem Apostel ist alles so stark zurückgeblieben hinter
unseren „normalen“ Erwartungen..., da kann es keine gute, gelungene Beziehung zum
Gott Jesu Christi gegeben haben - müssten wir sagen.
Aber wir wissen: So war es ganz
und gar nicht! Dieser Mann ist trotz aller Beschwerden und in großem Leid und
zahlreichen Schmerzen gänzlich aufgegangen in seinem Auftrag:
Seinem Herrn zu dienen! Dieser
Auftrag hat ihn fest mit diesem Jesus verbunden! Und das ist nicht dahingesagt,
wenn er hier schreibt: „...als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die Armen,
aber die doch viele reich machen; als die nichts haben, und doch alles haben.“
Dieser geplagte, geschundene, mit
Krankheit und allem Leid behaftete Mensch ist nicht unzufrieden, nicht
unglücklich und empfindet sein Leben ganz und gar nicht als
misslungen! Ich bin sogar sicher, er hätte sich den Verlauf seines Lebens nicht
einmal anders gewünscht! Höchstens vielleicht, dass er nicht zuerst ein Verfolger
seines Herrn hätte sein wollen. Höchstens das; - aber selbst das hat ihn ja
erst zu Christus geführt!!
Das Leiden, das Schwere, die
Trauer, die Krankheit... das alles gehörte dazu, war nicht wegzudenken aus
seinen Lebensjahren und er hätte nichts davon missen wollen!!
Wie kann das sein?
Da kommen wir zum Kern der
Worte des Paulus: Wenn es vielleicht ja gar nicht so wäre: Dass zur guten
Beziehung zu Gott die oberflächliche Freude und das leichte Glück dazu gehört??
Und wenn es vielleicht gar nicht stimmt, dass ein geschlagener und geschundener
Mensch einer ist, der von Gott verlassen ist??
Genau umgekehrt: gerade die, mit
der engen, tiefen Verbindung zu Gott, machen auch die tiefsten und schwersten
Erfahrungen!!! „Wen Gott liebt, den züchtigt er“, so heißt es ja; - was übrigens
keine Rechtfertigung für Prügelstrafe ist – aber schließlich lesen wir es ja
nun auch bei Paulus, dass er Angst, Nöte, Krankheit, Trübsal und Gefängnis hat
kennen lernen müssen und doch dadurch keinen Augenblick seines Lebens an
Gott und seiner Liebe zu ihm irregeworden wäre.
Wir lesen eben bei ihm noch
mehr - nicht nur, dass es ihn nicht zum Zweifeln und Verzweifeln gebracht hat.
Nein, es ist sogar so: „...als die Traurigen, aber allezeit fröhlich; als die
Armen, aber die doch viele reich machen; als die nichts haben, und doch alles
haben.“
Es muss also doch etwas im Leid
liegen, was uns – trotz aller Beschwerde und Angst – aufbaut, stärkt und
offensichtlich sogar erfreuen kann! Und das nicht, weil wir vielleicht ins
Leiden verliebt wären oder gar Lust am Schmerz empfänden!
Warum aber dann?
Weil es ein unvergleichlich
gutes Gefühl ist, zu wissen und zu spüren, Gott ist dir jetzt ganz nah und du
bist ganz und gar nicht „gottverlassen“! Und wo und wann könnten wir denn die
Nähe und Hilfe Gottes mehr empfinden als eben in Zeiten der Not, der Trauer, der
Krankheit, des Leids?
Menschen, bei denen - jedenfalls
von außen her betrachtet - immer alles so glatt läuft, die im Glück sind und
jeden Spaß mitmachen und jedes oberflächliche Erlebnis mitnehmen, diesen Menschen
entgeht vielleicht etwas wichtiges und das ist die Erfahrung der Tiefe, des
Leidens, des Schmerzes und der Krankheit. Und vielleicht ist eben auch die
Erfahrung der Nähe und des Beistandes Gottes in Zeiten des Schmerzes besonders
stark, denn wann spürt man den eigenen Körper, diese Schöpfung Gottes, stärker,
als im Schmerz? Über die Worte des Paulus kann man eigentlich nicht viel reden,
man muss sie erfahren. Und man kann und wird sie auch erfahren, wenn man sich
darauf einlässt:
„...als die Traurigen, aber
allezeit fröhlich; als die Armen, aber die doch viele reich machen; als die
nichts haben, und doch alles haben.“ –
Weiß Gott, es ist nicht
so, dass gesegnete Menschen ein leichtes Leben haben. Die Menschen mit dem
leichten Leben müssen deshalb nicht gottverlassen sein. Aber sie müssen sich etwas
darum bemühen, Gott in ihrem leidenden Nächsten zu begegnen. Die mit dem
schweren Leben haben gute Chancen Gottes Segen gerade in einem solchen Leben zu
erfahren!
Amen
Pfr. i.R. Gerhard Bergius,
Michelfeld-Gnadental