Predigt
zu den Gottesdiensten an den Sonntagen
Oculi 4. März 2018 in Eschental (10:30 Uhr) und
Lätare 11.
März 2018 in Michelfeld (9:30
Uhr) und in Gnadental
(10:40 Uhr)
Oculi: nach Psalm 25,15: Meine Augen sehen stets auf den
Herrn.
Predigttext:
1.Petrus 1,13-21:
13.
Darum
seid wach und haltet euch bereit! Bleibt nüchtern und setzt eure ganze Hoffnung
auf die Gnade, die Gott euch schenken wird, wenn Jesus Christus in seiner
Herrlichkeit* erscheint.
14.
Lebt
als gehorsame Kinder Gottes und nicht mehr nach euren selbstsüchtigen Wünschen
wie damals, als ihr die Wahrheit noch nicht kanntet.
15.
Euer
ganzes Tun soll ausgerichtet sein an dem heiligen* Gott, der euch berufen hat.
16.
In
den Heiligen Schriften heißt es ja: »Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig.«
17.
Ihr ruft Gott im Gebet als
»Vater« an – ihn, der jeden Menschen als unbestechlicher Richter für seine
Taten zur Rechenschaft ziehen wird. Führt darum, solange ihr noch hier in der
Fremde seid, ein Leben, mit dem ihr vor ihm bestehen könnt! Anm 1
18.
Ihr
wisst, um welchen Preis ihr freigekauft worden seid, damit ihr nun nicht mehr
ein so sinn- und nutzloses Leben führen müsst, wie ihr es von euren Vorfahren
übernommen habt. Nicht mit Silber und Gold seid ihr freigekauft worden – sie
verlieren ihren Wert –,
19.
sondern
mit dem kostbaren Blut eines reinen und fehlerlosen Opferlammes, dem Blut von
Christus.
20.
Ihn
hatte Gott schon zu diesem Opfer bestimmt, bevor er die Welt schuf. Jetzt aber,
am Ende der Zeit, hat er ihn euretwegen in die Welt gesandt.
21.
Durch
ihn habt ihr zum Glauben gefunden an den Vater, der ihn von den Toten
auferweckt und ihm göttliche Herrlichkeit gegeben hat. Darum setzt ihr nun euer
Vertrauen und eure Hoffnung auf Gott.
Liebe
KonfirmandINNen, liebe Gemeinde,
„Geheiligtes
Leben“ steht in der Lutherbibel sogar als Überschrift unseres Predigttextes.
Gibt es so etwas, wie Heiligkeit in unserem Leben?
Ein heiles Leben, ja, – das hätten
wir gerne –
also gesund an Körper und Seele und Geist, das wären wir gerne.
Aber
hätten wir auch gerne ein heiliges, geheiligtes Leben? –
Was ist das überhaupt – heilig?
Eine
Kirche, eine alte ehrwürdige Kirche, ich glaube es war in Potsdam, die im Krieg
stark beschädigt wurde und nun neu restauriert.
Eine Gruppe von Soldaten der Luftwaffe vor dem Eingang.
Sie treten ein und mit gedämpfter Stimme werden ihnen die geschichtsträchtigen
Sehenswürdigkeiten erklärt.
Nach der Führung haben die Soldaten Zeit, alles andächtig auf sich wirken zu
lassen.
Einige setzten sich, einige scheinen gar zu beten.
An
der Seite bei den uralten Steinsärgen lachen ein paar Soldaten auf einmal laut.
Im Nu ist die schwebende Stille zerstört.
Eine Frau in einer Bank wendet ihren Kopf, wirft vorwurfsvolle Blicke zu den
Lachenden und murmelt vor sich hin:
„Denen ist aber auch nichts mehr heilig!“
Es gibt für diese Frau offensichtlich eine heilige Stille und einen heiligen
Raum. –
Kennen
wir so etwas in unserem Leben? –
Jedenfalls bei einem unserer früheren Konfirmandenwochenenden, – in meiner
aktiven Zeit – haben wir es nicht so recht hinbekommen, wo wir versucht haben
am Freitag Abend eine Minute lang über die Tageslosung zu meditieren:
das war eher eine komische Stille, weil so etwas im Leben der „Jungen“ nicht
mehr vorkommt; im Gegenteil: ununterbrochene Unruhe, Action, 1000 Termine, und Smartfone-Glotzen.
Die Zwischenräume: Peitschende Rhythmen aus den Kopfhörern.
Heilige
Stille?
Ist für uns der Gottesdienstraum ein heiliger Raum?
Oder ist uns auch nichts mehr heilig?
Heilig
ist uns zumindest ein Fremdwort geworden, ebenso wie das Gegenteil davon, das wirklich ein Fremdwort ist.
Konfirmanden werden es wohl nicht kennen.
Aber ich erlaube mir, heute einmal die Erwachsenen zu fragen, wie dieses
Wörtchen heißt? –
Das kleine Wörtchen profan.
Vielleicht
sagen wir schon mal „dass alles so profan erscheint“ und wir meinen damit, dass
uns etwas zu vordergründig, zu oberflächlich ist.
Wollen wir den Wortbedeutungen einmal auf den Grund gehen:
Im germanischen Ursprung bezeichnet „heilig“ den Ort, der aus religiösen
Gründen abgesondert und vor menschlichen Übergriffen geschützt ist.
Das Wörtchen profan kommt aus dem
Lateinischen und bezeichnet den Platz, der vor
dem Heiligtum liegt.
Es
gab auch heilige Zeiten, die deutlich aus den normalen Zeiten herausgenommen
waren:
So war die Passionszeit zum Beispiel, die wir ja jetzt haben, einst heilige
Zeit.
Der Karfreitag war der stille Freitag.
Und als aus dem Karsamstag der „Ostersamstag“ Anm 2
wurde, waren die Grenzen zwischen heilig und profan verwischt.
Heilige Orte gibt es bis auf den heutigen Tag.
Wer einmal die Klagemauer in Jerusalem life erlebt, merkt so etwas, selbst wenn
ihm die religiösen Praktiken des Volkes Jesu zunächst fremd vorkommen.
So ist auch manche Dorfkirche auf solch einer heilige Stätte erbaut,
etwa über einem heiligen Felsen der Kelten.
Wer weiß, wie das hier mit Ihrer / dieser Kirche, hier in Eschental/Michelfeld/Gnadental war, etwa Anfang des letzten Jahrtausends?
Jeder Ort hat seinen eigenen Geist.
Das ist z.B. auch spürbar, wenn wir uns dem Golgatha-Felsen in der
Auferstehungskirche von Jerusalem nähern, (die jetzt erst wieder in den
Schlagzeilen war) – auch wenn die Ursprünge offensichtlich verbaut sind, – auch
im übertragenen Sinne.
Die Heiligkeit bestimmter Orte hängt meist von Ereignissen ab, die sich dort
früher einmal abgespielt haben.
Einst zogen Pilger zu solchen Orten der Kraft, um eine
Verbindung einzugehen mit dem Geist des Ortes.
Was nehmen im Zeitalter des Massentourismus Besucher einer Kirche noch von der
Heiligkeit der Orte wahr, wenn sie, mit Fotoapparat oder Smartphone-Kamera
von Altar zu Altar blitzen?
Heilig und profan sind für uns zu unverständlichen Fremdworten geworden, weil
sie sich verwischt haben.
Weil man keinen Unterschied mehr kennt.
Dann ist es gleichgültig, ob ich mich in einem Gotteshaus
bewege oder in einer Kaufhauspassage, weil jeder Ort gleich gültig geworden
ist.
In diese „Gleichgültigkeit“ hinein erklingt uns heute: „Ihr sollt heilig sein!“
also gar nicht gleichgültig, denn die Begründung wird gleich mitgeliefert:
„Weil Gott heilig ist!“
Dann muss es also doch einen wesentlichen Unterschied geben zwischen dem
alltäglich Oberflächlichen und dem besonderen, Göttlichen.
Es
hießt einmal in einer Jahreslosung: „Gott spricht: ich lasse dich nicht fallen
und verlasse dich nicht.“ Anm 3
So können wir getrost vergessen, was uns sonst normalerweise so wichtig ist
oder Angst macht.
Selbst
seiner Kleidung entledigte sich Mose, als er sich Gott näherte, der zu ihm aus
dem brennenden Dornbusch sprach.
Nackt stehen wir vor Gott, haben nichts vorzubringen.
Vor ihm zählt eh nicht das Aussehen, die Markenklamotten, das Ansehen, mein
Ruf, meine Fähigkeiten.
Wer
Gott begegnet, dessen Leben ist gerichtet: weggerichtet von dem Scheinbaren und
Belanglosen, gerichtet auf das „Wesentliche“.
Unsere Augen beginnen zu erkennen, was vorher geblendet war von Schnickschnack.
Unsere Ohren hören Feinheiten, wo sie vorher von Kopfhörern zugedröhnt waren.
Unser Herz wird still, wo es vorher aufgeregt wie ein Vogel flatterte.
Gott spricht unser Leben heilig.
Welch große Verschwendung betreibt Gott mit uns, in seiner geschaffenen Natur!
–
Was
treibt Gott alles, damit wir loskommen von dem, was unseren Willen lähmt und
unsere Seele gefangen hält!!
Wenn Gott uns nicht fallen lässt und nicht verlässt, weil wir ihn suchen, dann
bekommen wir etwas von seinem Glanz ab und er lässt seine Heiligkeit in uns
aufleuchten – eine unverdiente Heiligkeit.
Das
Leben mit all seinen Bedrohungen wird herausgehoben aus dem Alltäglichen,
Profanen, Gewöhnlichen, – bekommt einen besonderen Wert.
In Abwandlung zu dem Slogan, „wir sind das Volk“, können wir sagen: „Wir sind
Kirche“ –
Kirche, von dem Wort Ecclesia
abgeleitet bedeutet ja, „die Herausgerufenen“.
Wir sind etwas Besonderes; aber nicht weil wir so toll wären, sondern weil Gott
uns ruft.
So
verstehen wir die „Gemeinschaft der Heiligen“, (in unserem Glaubensbekenntnis):
die Gemeinschaft, die von Gott unverdienterweise geheiligt wird!
Gott steigt in unsere profane Welt herab, aus seinem Himmelreich. –
Unverdient ist es, weil wir oft genug tun, was wir eigentlich gar nicht wollen:
·
wie
gefangen leben wir in der Enge unserer Gewohnheiten und liebgewordenen
Vorstellungen.
·
Oft
genug arrangieren wir uns, um äußerlich Ruhe zu haben; aber der Kampf tobt dann
in uns.
·
Wie
schwer ist es, seinem Leben eine andere Richtung zu geben und von
eingeschliffenen Gewohnheiten zu lassen.
Diesen
Zwiespalt nennt die Bibel sündiges Leben, weil es „abgesondert“ ist von seiner Mitte, von Gott.
Womit kann Gott uns aus dieser Gefangenschaft herausrufen, auslösen?
Gold und Silber nützen nichts, um uns zu befreien und aus der Absonderung
zurück zuführen.
Gott bezahlt nicht mit wert-schwund-anfälliger Münze.
Für uns setzt er Blut ein, und in den Vorstellungen der Bibel ist im Blut der
Sitz des Lebens.
Damit soll spürbar werden, dass so erkauftes Leben geheiligt ist.
Den Empfängern des 1. Petrusbriefes sind solche Redeweisen
vertraut.
Sie wussten von der speziellen Lebenskraft des Blutes, das, einmal vergossen,
bis zum Himmel schreit. Anm 4
Und der Hebräerbrief behauptet:
„Ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung.“ Anm 5
Sind diese – aus der antiken Vorstellungswelt der Opfer
genommenen – Redewendungen für uns heute noch nachvollziehbar?
Die Konflikte dieser Welt und unsere Verflechtungen darein gehen auch bis tief
ins Blut.
Aber es ist schwer zu verstehen, dass unser Leben durch das Blut Christi
geheiligt ist.
Auch wenn wir (Älteren) vielleicht früher manchmal in dem Lied Bei dir, Jesu, will ich bleiben gesungen
haben:
„Wo ist solch ein Herr zu finden, der, was Jesus tat, mir tut: mich erkauft von
Tod und Sünden mit dem eignen teuren Blut?“ Anm 6
Wer
aber von diesem geheiligten Leben weiß, der kann voller Mut in die Welt, ins
Profane Leben zurückkehren.
Dorthin bringen wir dann mit, was der Welt die Würze bringt.
Aus dem profanen, faden Alltag wird das Heilige Land, das besondere, wenn Jesus
zu seinen Jüngern sagt, „ihr seid das Salz der Erde.“
Wir
sind das Salz der Erde.
Wir sind es nicht, weil wir so fetzig, so gut so würzig sind,
wir sind es, weil Gott uns dazu heiligt.
Amen
„Ihr sei das Salz der
Erde...“
Kehrvers:
Ihr sei das Salz dieser Erde,
ihr seid das Licht dieser Welt.
Wir sind das Licht dieser Erde,
wir sind das Licht dieser Welt.
1.
Salz
in einer Wunde brennt, tut ganz schön weh
und es dauert Stunden, eh‘ der Schmerz vergeht.
Wunde Punkte heute, hier in unsrer Welt,
gibt es, liebe Leute, mehr als uns gefällt.
Kehrvers
2.
Menschen
ohne Arbeit fühlen sich oft leer,
haben an der „Freizeit“ keine Freude mehr.
Wie auf Abstellgleisen lässt man sie allein
und lässt sie verwaisen, da muss Salz hinein.
Kehrvers
3.
Menschen
ohne Heimat kennen sich nicht aus,
suchen hier bei uns Rat und auch ein Zuhaus.
Doch wir lassen keinen mehr zu uns herein,
gleichen harten Steinen, da muss Salz hinein.
Kehrvers
4.
Schau,
wir konsumieren, schmeißen alles weg,
und wir produzieren Dreck und nochmals Dreck.
Schon das Wort „entsorgen“ spricht uns scheinbar frei,
doch wer denkt an morgen? Da muss Salz hinein.
Kehrvers
5.
Jesus
will uns wecken, sitzt uns im Genick,
will, dass wir anecken und schärft uns den Blick,
legt in offne Fragen seinen Finger rein,
will, dass wir es wagen, endlich Salz zu sein.
Kehrvers
Pfr. i.R. Gerhard
Bergius,
Michelfeld-Gnadental
Anmerkungen:
Anm 1: Bei Luther: "ein
geheiligtes Leben"
Anm 2: Die Bezeichnung "Ostersamstag" ist falsch und
irreführend! Der Samstag zwischen Karfreitag und Ostersonntag liegt in der Karwoche
und heißt deshalb Karsamstag. Mit "Ostersamstag"
könnte allenfalls der Samstag in der Osterwoche gemeint sein, das wäre dann
aber der Samstag nach Ostern!
Anm 3: Josua 1,5
Anm 4: 1.Mose
4,10
Anm 5: Hebräer 9,22
Anm 6: EG 406,3a