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Predigt und Gebete
zum Erntedankgottesdienst
am 06.10.2019 in Beltersrot

Herr, unser Gott,
wir kommen heute zu dir am Erntedankfest,
an dem wir an das Blühen, Wachsen und Reifen denken,
das wir auch in diesem Jahr wieder erleben durften.

Wir können nur staunen über all den Reichtum,
mit dem du uns immer wieder segnest.

Wir bitten dich, lass uns – trotz aller Mühen, trotz aller Sorgen
um Klimawandel und Umweltbelastung
dieses Staunen nicht verlernen,
den Blick für die Schönheit und den Reichtum,
mit dem du uns immer noch umgibst,
nicht verlieren.

Gib, dass uns auch diese Erntezeit zum Gleichnis dafür werden kann,
dass wir trotz aller unserer Leistungen und unserer Arbeit
im Grunde doch von nichts als von deiner Güte leben.

Durch deinen Sohn Jesus Christus.
Amen.

 

Einst kam der arme Jude Nathan zum Rabbi.
(Rabbi war so was wie ein Lehrer oder Pfarrer.)
Rabbi, ich versteh' nicht, wie kommt das:
Die Armen, so Leute wie ich, die eigentlich nichts haben,
wir teilen doch immer – unser letztes Hemd würden wir mit dir teilen.

Aber wenn man was von einem Reichen will, der Geld wie Heu hat,
von dem kriegt man nicht einmal einen Cent.
Wie kommt das?

Der Rabbi dachte noch und sagte:
Geh' zum Fenster, was siehst du, Nathan?

Nun, was werd ich sehen?
Ich seh' die Straße, sehe Ruth und Mirjam,
die vom Einkaufen kommen,
und die Kinder, die spielen.

Gut, nun geh' zum Spiegel!
Was siehst du?

Aber Rabbi, was werd' ich schon sehen!
Mich seh' ich!

Ja und woraus besteht ein Spiegel?
Na, aus Glas, mit einer Schicht Silberpapier dahinter.

Siehst du, so sind die Menschen auch.
Armes Fensterglas: da sieht man durch, da sieht man die anderen.

Aber wenn hinter das Glas Silber gelegt wird, wenn man reich wird,
dann sieht man – wie in einem Spiegel – nur noch sich selbst.

Mit dieser Antwort im Herzen, dass die Glasmenschen die anderen sehen
und die reichen Spiegelmenschen nur sich selbst,
hörte Nathan eines Tages die Geschichte von Jesus und dem reichen Kornbauern:

Lukas 12,15-21:

Dann sagte er zu allen: »Gebt Acht!
Hütet euch vor jeder Art von Habgier!
Denn der Mensch gewinnt sein Leben nicht aus seinem Besitz,
auch wenn der noch so groß ist.«

Jesus erzählte ihnen dazu eine Geschichte:

»Ein reicher Grundbesitzer hatte eine besonders gute Ernte gehabt.
'Was soll ich jetzt tun?', überlegte er. 'Ich weiß gar nicht, wo ich das alles unterbringen soll!

Ich hab's', sagte er, 'ich reiße meine Scheunen ab und baue größere!
Dann kann ich das ganze Getreide und alle meine Vorräte dort unterbringen
und kann zu mir selbst sagen: Gut gemacht! Jetzt bist du auf viele Jahre versorgt.
Gönne dir Ruhe, iss und trink nach Herzenslust und genieße das Leben!'

Aber Gott sagte zu ihm:
'Du Narr, noch in dieser Nacht werde ich dein Leben von dir zurückfordern!
Wem gehört dann dein Besitz?'«

Und Jesus schloss:
»So steht es mit allen, die für sich selber Besitz aufhäufen,
aber bei Gott nichts besitzen.«

Da machte Nathan sich seine eigenen Gedanken über den Bauern:
Reicher Kornbauer, du armer Mann!
Könnte es sein, dass du nur noch die volle Scheune, den Besitz, den Profit siehst?
Dass du statt dem Glas, durch das man die anderen Menschen sieht,
einen Spiegel vorm Gesicht hast, in dem nur dein Reichtum zu sehen ist? –

Schade, dass du die Menschen nicht mehr siehst,
die mit dir und für dich arbeiten.
Schade, dass du nicht hörst, was sie sich erzählen, worüber sie sich freuen
und worüber sie sich Sorgen machen.

Schade, dass du dich nicht mitfreuen kannst,
wenn sie beim Ernten ihre Lieder singen
und am Erntefest tanzen.

Wäre es nicht viel schöner, einen Teil der Ernte, einen Tausender oder Hunderter hinzugeben,
damit die Menschen, die für dich arbeiten, feiern können?

Denkst du wirklich nur an deinen Reichtum, dann bist du ganz arm dran:
Dann siehst du ja nicht mehr den Reichtum der Natur, die dich umgibt,
und den Reichtum der Menschen, die mit dir leben.

Wenn du nur dich siehst, bist du arm dran.

Wenn du die Welt Gottes, die Natur, die Menschen, siehst, dann bist du reich! Reich in Gott.

Und mit diesem Reichtum können wir – ganz gut gelaunt – uns einsetzen
für eine nachhaltige Landwirtschaft, für Klimaschutz, gesunde Ernährung –
und eine dankbare Grundhaltung!!

Amen.

 

Allmächtiger Gott, Barmherziger Vater,
du hast uns alle wieder ein Jahr lang Tag für Tag mit den Gaben für das tägliche Brot beschenkt.

Wir danken dir für deine Güte und deine Schöpferkraft.
Wir danken dir für deine Gaben, ohne die wir nicht leben können.

Wir danken dir für Jesus Christus und die Kraft zum Glauben, die von ihm ausgeht.
Wir danken dir für das fröhliche Herz und das feste Vertrauen zu dir, mit dem wir heute wieder vor dir stehen.

Wir bitten dich für alle, die keinen Glauben haben und nicht wissen, warum sie dir danken sollen.
Gib ihnen offene Augen und Herzen, dich zu erkennen, und bewahre uns vor Unglauben und Undankbarkeit.

Wir bitten dich für alle Menschen, die an Hunger leiden in dieser Welt und denen es nicht so gut geht wie uns.
Gib allen, die helfen können, die Bereitschaft, dies auch zu tun,
und zeig auch uns Wege und den Ort, wo wir etwas gegen den Hunger in dieser Welt tun können.

Wir bitten dich, Herr, um die Menschen, die hier bei uns in der Landwirtschaft arbeiten,
lass sie eine Perspektive in ihrer Arbeit sehen,
gib uns ein Herz das die Arbeitsbedingungen anderer Menschen erkennt
und das uns fähig macht, wo es nötig ist, auch unser Verhalten zu ändern.

Nimm uns alle in deinen väterlichen Schutz, erhalte uns in der Gemeinde und lass uns deine verheißene Herrlichkeit schauen.
Amen

 

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