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Gottesdienste an Quasimodogeniti und Miserikordias Domini,
24.04. und 01.05.2022 in Michelfeld und in der Sophie-Scholl-Kirche

 

Wie sieht es in Weißrussland ökologisch, in diesen Tagen nach der menschengemachten Katastrophe vor 36 Jahre, aus? –
70 % der Radioaktivität gingen über Weißrussland nieder; –
ca. 25 % des weißrussischen Territoriums werden dauerhaft verseucht.
Abbau der Radioaktivität erst im Laufe von Jahrhunderten.
Halbwertszeit von Cäsium und Plutonium!
Umsiedlung nur begrenzt und dann abgebrochen. –
Ca. 240 000 Menschen leben auf den verstrahlten Territorien (über 5 Curie),
davon 50 000 auf hoch verstrahlten, davon 6 000 Kinder –
Wirtschaftliche Folgen von Tschernobyl?
Für Belarus: Wie geht es den Menschen und Kindern –
36 Jahre nach der Katastrophe von Tschernobyl?
Angesichts einer neuen Katastrophe n diesen Tagen, einem Krieg in Europa, sind wir in großer Sorge.
Wir wollen uns in diesem Gottesdienst mit unseren Sorgen dem dreieinigen Gott anvertrauen.

 

EG 432,1–3:
Gott gab uns Atem

 

Du wachst über deine Schöpfung.
Alles Lebendige ist in deiner Hut.
Uns alle kennst und bewahrst Du.
Wo wir auch gehen oder stehen.
Wir bitten Dich, so möge es bleiben;
und eintreten lass uns (in Deine Ruhe und) in Deinen Frieden,
heute und an jedem anderen Tag unseres Lebens.
Amen.

 

1. Petrus 2,21–25 (EÜ)

21 Dazu seid ihr berufen worden; denn auch Christus hat für euch gelitten und ist euch zum Vorbild geworden, damit ihr seinen Fußspuren folgt.
22 Er hat keine Sünde begangen, und in seinem Mund war kein trügerisches Wort.
23 Er wurde geschmäht, schmähte aber nicht; er litt, drohte aber nicht, sondern überließ seine Sache dem gerechten Richter.
24 Er hat unsere Sünden mit seinem Leib auf das Holz des Kreuzes hinaufgetragen, damit wir tot seien für die Sünden und für die Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt.
25 Denn ihr hattet euch verirrt wie Schafe, jetzt aber seid ihr heimgekehrt zum Hirten und Bischof eurer Seelen.

 

Liebe KonfirmandINNen, liebe Gemeinde,

unsere globalisierte Welt hat im Allgemeinen kein gutes Gedächtnis.
In der Informationsflut geht vieles unter.
Und was heute aktuell ist, ist morgen schon wieder Schnee von gestern.

Bei der Katastrophe von Tschernobyl ist dies anders.
Angesichts des entsetzlichen Krieges in Osteuropa, –
fast 4 Jahrzehnte nach dem Tag,
wo das Unvorstellbare Wirklichkeit wurde mit tausenden Toten,
ist diese Katastrophe noch brandaktueller geworden.

Auf ein Banner hatten die besonders gefährdeten Liquidatoren, – so wurde das Aufräumkommando genannt –  geschrieben: „Wir erfüllen unsere vaterländische Pflicht.” –
Wahrscheinlich hat man ihnen nicht gesagt, welche Gefahren mit ihrem Einsatz verbunden sind. –

Wie auch heute in Russland: Die Wahrheit bleibt auf der Strecke.
Man weiß nur: 200 000 Quadratkilometer Boden sind dauerhaft, auf Jahrhunderte, Jahrtausende hin verseucht, eine Fläche, fast so groß wie die halbe Bundesrepublik.

Tschernobyl hat uns wie keine andere Katastrophe vorher und nachher gezeigt, wie klein unsere Welt doch ist.
Dass wir eine Welt sind, das merken wir, damals wie heute, in einer beängstigenden, bedrückenden Weise.
Und dann hat uns Tschernobyl wohl endgültig die Augen geöffnet für die Risiken moderner Großtechnologien.
Viele wurden aus dem Schlaf der Sicherheit gerissen, sind misstrauisch geworden gegenüber den „Experten” und ihren Standardsätzen: „Alles im Griff, keine Gefahr!”

Seither fragen wir:
Sind die Restrisiken wirklich abgeklärt?
Seither ist uns etwas bewusster geworden, dass Menschen Fehler machen.
Tschernobyl ist eine von Menschen gemachte, von Menschen verantwortete Katastrophe.
(Das unterscheidet sie von anderen Großkatastrophen in Friedenszeiten, die wir – vor und nach dem 26. April 1986 – erleben mussten, z.B. dem verheerenden Tsunami Weihnachten 2004, dem viel mehr Menschen, mehr als 200 000 zum Opfer fielen.

Liebe Gemeinde!
Als Christen haben wir die Botschaft von der Schöpfungsverantwortung, die Worte, mit denen der 24. Psalm beginnt, lauten:

„Die Erde ist des Herrn, und alles, was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen.”

Die Schöpfung gehört nicht uns, sie gehört einem anderen: dem Schöpfer.
Uns ist sie nur geliehen. –
Und darum ist es unsere Aufgabe, alles, was wir tun und was wir lassen, daraufhin zu bedenken, ob wir diese Leihgabe so zurücklassen, wenn wir einmal unsere Augen schließen, wie wir sie angetroffen haben – und wie unsere Kinder und Kindeskinder sie anzutreffen wünschen! (Fridays for future!)

Das gilt für das Kohlendioxid, das unsere Autos und Heizungen ausstoßen, das  gilt für die nach wie vor ungeklärte Frage der Endlagerung des Atommülls.
Leben wir da nicht ein leichtfertiges, sehr billiges Prinzip Hoffnung?
„Das wird sich schon lösen!
Das wird die Technik schon hinkriegen.” –

Jesus musste sterben und auferstehen, um uns ein tiefer gehendes Prinzip Hoffnung zu verdeutlichen.
Tschernobyl – ein Mahnmal, das uns bleibend erinnert an menschliches Versagen und menschlichen Leichtsinn und die verheerenden Folgen.
(Die „altmodischen Theologen“ würden von der Sündhaftigkeit der Menschen reden)

Aber der Sündenfall Tschernobyl hat uns auch – Gott sei Dank – wachgerüttelt, künftig unsere Verantwortung besser und konsequenter wahrzunehmen.
Es gehört zu den Aufgaben von uns Christen, uns abzuwenden von Energieverschwendung und von riskanten, die Umwelt und die Atmosphäre belastenden Formen der Energiegewinnung und uns einzusetzen für nachhaltige Formen.

Wenn in einigen Ländern die Energiewende eingeleitet wurde, hat die Katastrophe von Tschernobyl nicht nur Schreckliches bewirkt.
Dann ist Tschernobyl auch Hoffnungszeichen.

Was der Apostel Paulus meint: „Einer trage des anderen Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen!” – wurde damals, bei der Tschernobyl-Katastrophe, von vielen umgesetzt; – und wird es heute, z.B. mit den vielen Hilfen für die Ukraine.

Diese christlichen Werte, des: „einer trage des anderen Last“ – tragen auch dazu bei, dass die Menschen miteinander in Kontakt bleiben, dass die Völkerverständigung weiter geht.
Nach dem, was im 2. Weltkrieg im deutschen Namen an anderen Ländern an Unrecht und Verbrechen geschah, und jetzt wieder durch die Machthaber Russlands geschieht, ist das Gebot des Paulus, eine dringende und bleibende Aufgabe.

„Dazu seid ihr berufen worden…“ so haben wir vorher gehört „…denn auch Christus hat für euch gelitten und ist euch zum Vorbild geworden, damit ihr seinen Fußspuren folgt.“

So ist Tschernobyl und der furchtbare Krieg eine Mahnung: – mit Gottes Schöpfung sorgsamer, verantwortlicher umzugehen.
In den Köpfen den Frieden vorzubereiten, damit Hoffnungszeichen, Neues, Menschliches, Versöhnendes entstehen kann (– wie es uns die Natur gerade vormacht). „Denn ihr hattet euch verirrt wie Schafe, jetzt aber seid ihr heimgekehrt zum Hirten und Bischof eurer Seelen.“ – Das ist doch wunderbar!

Amen

 

EG 659,1-4:
Die Erde ist des Herrn

 

Herr unser Gott,
wir erinnern uns an die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vor 36 Jahren.
Am 26. April 1986 hat dieses Unglück unvorstellbares Leid über viele Hunderttausend Menschen gebracht, in Weißrussland und der Ukraine.
Wir wollen die Opfer nicht vergessen.
Gib uns die Gewissheit, dass du bei ihnen und bei uns bist.

Wir bitten dich:
EG 178.9: „Kyrie eleison...“ (Satz und Melodie aus der Ukraine)

Herr, Jesus Christus,
Du rufst uns, Dir nachzufolgen.
Und der Weg, den Du gegangen bist zum Vater, ist kein Spaziergang gewesen, er führte ins Leiden.
Du hast Dich hingegeben für uns.
Du hast unsere Schuld auf Dich genommen – und damit den Weg gebahnt zum Leben in Gott.

Wir bitten dich:
„Kyrie eleison...“

Großer Gott.
Unsere Kräfte sind klein, um gegen Machtmissbrauch und Gewalt standzuhalten.
Sieh auf das Leid und hör die Klagen derer, die unter dem Krieg in der Ukraine leiden.
Du willst Frieden.
Lass nicht zu, dass noch mehr Menschen sterben.
Befrei die betroffenen Menschen von der unermesslichen Not und dem Leid, das der Krieg bringt.
Tröste die, die in Angst sind.
Traure mit denen, die ihre geliebten Kinder und Partner an diesen sinnlosen Krieg verlieren.
Gib den Menschen Heimat, die ihr zuhause verlieren.

Wir bitten dich:
„Kyrie eleison...“

Du willst Frieden, Gott,
wir wollen deinen Willen tun.
Wir beten für all die Verantwortlichen in Russland, der Ukraine, Belarus, den USA und der EU, zeig Ihnen Wege heraus aus der Eskalation der Kriegsrhetorik.
Bewahre uns vor der Willkür der Mächtigen dieser Welt – bringe sie auf friedlichem Weg zur Erkenntnis ihrer Grenzen.

Wir bitten dich:
„Kyrie eleison...“

Bewahre selbst Deine Schöpfung vor den verheerenden Folgen menschlicher Sünde.
Du willst Frieden, Gott, wir wollen deinen Willen tun.
Mach uns zu Werkzeugen deines Friedens.
Stärke vor allem unseren Glauben, belebe unsere Hoffnung und lehre uns zu lieben.
Stärk uns mit deiner Kraft.
Lass das Licht deiner Wahrheit leuchten.
Gib der Lüge keinen Raum.
Lass uns alle abrüsten mit Worten und Taten.
Segne uns mit deinem Frieden, damit wir – dir allein zur Ehre – gemeinsam Hand in Hand für eine freie und gerechte Menschheit arbeiten.

Wir bitten dich:
„Kyrie eleison...“

Herr, unser Gott,
wir denken auch an die Menschen, die über unsere Zukunft nachdenken – und auch über die Zukunft der Atomtechnik.
Hilf ihnen, die richtigen Entscheidungen zu treffen;
Entscheidungen, die deine Schöpfung bewahren helfen.
Denn du, unser Gott, hast die Menschen in der Hand.
Du hast uns die Erde nur einmal gegeben.
Und wir alle sollten alles dafür tun, dass sie solange wie möglich erhalten bleibt.
Für uns und für die, die nach uns kommen.
Bitte hilf uns dabei.

Wir bitten dich:
„Kyrie eleison...“

 

Krieg beginnt in den Köpfen der Menschen – und leider auch schon in den der jungen Menschen – den Kindern. Deshalb singen Angeli und ich nach dem Segen das Lied: „Die Spielzeuggranate“

 

EG 99,1–3:
Christ ist erstanden von der Marter alle; des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.
Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen; seit dass er erstanden ist, so lobn wir den Vater Jesu Christ’. Kyrieleis.
Halleluja, Halleluja, Halleluja! Des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.

 

Segen

 

Nachspiel:
Mit der Spielzeuggranate…“

mp4     Video Lied „Mit der Spielzeuggranate…”

 

externer Link:
www.evangeliums.net – Christliche Liederdatenbank:
Friedensspiel (Mit der Spielzeuggranate)
CCLI-Nr.: 5132205

 

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